Immer an der Grenze – Fesseln mit Andy

Beim Treffen des Shibari-Clubs am Montag wurde ich das zweite mal so intensiv von Andy gefesselt. Die Stimmung war lockerer als beim Stammtisch, es wurde gelacht und gescherzt, dennoch waren wir tief in unserem Raum.

Fesseln mit ihm hat etwas von einer Gratwanderung. Er führt mich an Grenzen, körperlich, psychisch, emotional.

Körperlich durch Anstrengung und Schmerz. Schmerzende Seile, Spannung und Druck, ungewohnte Körperhaltung, unbequem und fordernd. Der Kampf der Muskeln, sich in dieser Pose zu halten, um sich nicht vollständig in die engen Seile legen zu müssen. Und schließlich der Moment, in dem die Muskeln sich zitternd verabschieden und der Schmerz einen auffängt.

Der Kampf im Kopf. Ich bin zu dick. Ich bin hässlich mit diesen dünnen Seilen auf meinem gigantischen Körper. Mein Top rutscht hoch und man sieht meinen Bauch, fuck. All diese Gedanken sind da, immer. Zumindest zu Beginn sehr intensiv. Die Tatsache, dass ich nichts tun kann, meine Position nicht ändern kann, mein Oberteil nicht zurechtzupfen kann, führt im Laufe der Fesselung zu Radikaler Akzeptanz. Ich kann es nicht ändern, also hak’ ich es ab. Dennoch ist es immer erstmal unangenehm und eine Hürde, weil ich ja weiß, dass der Moment kommt, in dem ich mich wie ein ziemlich hässlicher Rollbraten fühle. Gleichzeitig, und das klingt jetzt sehr bipolar, fühle ich mich in den Seilen so verdammt schön, ich fühle mich echt. Auf den Bildern, die in diesen Momenten entstehen, sehe ich Lust und Leid, Genuss, ohne jede Fassade. Ich sehe die Wahrheit. Ich sehe mich und ich gefalle mir.

Die emotionale Grenze ist anderer Natur. Hier handelt es sich nicht um ein Extrem, sondern um die Balance zwischen Abstand und Nähe. Ich musste diesen Punkt erst finden, aber ich genieße das jetzt sehr. Ich genieße es, dass da jemand ist, der mir so unglaublich nah kommen kann, aber nur in diesen Situationen. Keine Verwirrung des Herzens, keine Bedürfnis nach Nummer vier neben den anderen Bewohnern P, NHD und Twin. Und trotzdem darf ich Fragen stellen, lernen, darf da einen persönlichen Weg gehen und mich finden.

Ich habe großen Respekt vor diesen Momenten und brauche den Abstand zwischen den Terminen. Auch die Blogeinträge zu diesen Fesslungen entstehen immer erst mit etwas Abstand zum Erlebten (und manchmal eben um drei Uhr nachts, wenn man endlich die Worte gefunden hat). Dennoch hoffe ich noch auf so manchen Grenzgang, so schmerzhaft er auch sein mag. Ich möchte lernen und bin dankbar für diese Möglichkeiten. Danke <3

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