Nein, muss ich nicht – Ein Reminder zum Thema Nähe und Grenzen

Ich wusste doch, dass ich dazu schon Blogeinträge hatte. Damals, 2019, stand ich vor ähnlichen Gefühlen und Gedanken und habe auch schon damals auf die für mich gesunde Art reagiert, ich habe “Nein” gesagt. Nachzulesen hier und hier.

Ich habe mehrere (Spiel)Partnerpersonen, ebenso wie diese auch, wir bilden ein Geflecht, ein Polykül. Und das kann sehr schön sein, es kann aber auch weh tun, auf jeden Fall beinhaltet es Arbeit, Kommunikation und ein hohes Maß an Selbstreflektion. Die letzten zwei Tage haben mir wieder sehr gut vor Augen geführt, wo meine Grenzen in dem Ganzen liegen.

Probleme zwischen meinen Partnerpersonen und deren Partnerpersonen
Wir waren zu einem Krisengespräch beim Partner meiner Verlobten. Der Abend war sehr schwierig, für meine Verlobte und ihren Partner, weil es Dinge mit seiner Partnerin zu klären gab, aber auch schwierig für mich. Das überschritt meine Grenzen, absolut, gewaltig, schmerzhaft. Ich konnte mich auf dieses Gespräch nicht vorbereiten, wurde damit überfallen und hatte keine Chance, diese Situation zu verlassen. Wir haben diesen Abend halbwegs gut hinter uns gebracht, denke ich, aber for fox sake, ich will das nicht nochmal.
Ich liebe meine Verlobte, sehr, und ich möchte der Wind unter ihren Flügeln sein, aber wohin sie fliegt ist ihre Sache. Ich kann und will nicht alles auffangen, was in ihren Beziehungen schief geht, ich tröste gerne und biete ein liebevolles, warmes, sicheres Zuhause, aber wenn wir mit offenem Herzen anderen begegnen, ist das sich dabei verletzen ein Risiko, dass wir in meinen Augen bewusst eingehen und abschätzen lernen müssen. In erster Linie sind wir für unsere eigenen Herzen zuständig. Ich warte zuhause mit Pflaster und heißer Schokolade, wenn ich die Kapazitäten habe, wenn ich es mit meinem eigenen Gefühl vereinbaren kann. Aber ich gehe dabei nicht über meine Grenze. Hoffentlich nicht nochmal.

Too much information was das Spielen und Lieben meiner Partnerpersonen betrifft
Ich möchte vieles nicht wissen. Es tut mir leid, wenn man mir als Partnerperson vom besten Sex der Welt, vom tollsten Spieldate ever, von Spuren und Orgasmen erzählen will, von Unterwäsche, die man für andere Dates kauft, ich will es (meistens) nicht wissen. Falls doch frage ich aktiv nach. Ich möchte auch nicht mit Halbwissen geteast werden, weil mein Kopf dann anfängt unrealistische, schmerzhafte Bilder zu malen, die mit der Realität eigentlich nie etwas zu tun haben, die mich aber dennoch sehr verletzen können. Ich tendiere auch dazu, meinen Partnerpersonen beim Spiel mit anderen nicht zuzusehen. Dabei geht es nicht um “I don’t care”, sondern um meine Unsicherheiten und Ängste, die ich bei zu viel Wissen nicht mehr in den Griff kriege. Mein Kopf geht nicht sehr liebevoll mit mir um und nutzt jede kleine Lücke um mich mit anderen zu vergleichen und mich diese Vergleiche möglichst schmerzhaft verlieren zu lassen. Also möchte ich es nicht wissen, weil ich mich nicht verletzen möchte. Das ist ein Deal, den man mit mir leider eingeht, was durch mein eigenes manchmal vorhandenes Oversharing nicht besser wird. Es tut mir leid, ich arbeite an mir, aber bis ich meinen Kopf auf weniger Selbsthass programmiert habe, bleibt mir nicht mehr als diese Grenze klar und deutlich zu kommunizieren.

Ich schäme mich dafür, so zu sein. In meiner Vorstellung sollte ich keine Ängste haben, keine Eifersüchte, sollte meinen Partnern gegenüber in allem offen und herzlich sein, aber so bin ich nicht. Ich habe auch deshalb sehr lange mit dem Polythema gehadert, kämpfe bis heute mit der Idee der Relationship Anarchy, weil mir durch die Gesellschaft und “ist eben so” eingebrannte Strukturen durchaus Sicherheit geben (auch wenn ich weiß, dass diese Sicherheit am Ende des Tages auch nur eine Idee ist). Ich habe mich bewusst entschieden, meinem Sehnen nach Mehr nachzugeben und kommuniziere das auch so, ich bin in meiner Wahrnehmung kein natural born poly und der gemeinsame Weg mit mir wird dadurch vermutlich steiniger. Aber ich stelle Warnschilder auf, ganze Infotafeln, nachts beleuchtet. Und lege Handzettel aus. Und habe Guides, die Gäste gerne an die Hand nehmen und ihnen zeigen, an welchen Stellen man bitte vorsichtig auftreten sollte. Weil, ja, das bin ich.

Soundtrack zum Eintrag: “Ich muss gar nix” von Großstadtgeflüster

2 Gedanken zu „Nein, muss ich nicht – Ein Reminder zum Thema Nähe und Grenzen“

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