Let’s talk about STI

Def. STI: sexually transmitted infections, sexuell übertragbare Infektionen

Bäh.

Ich weiß. Aber wir alle wissen, dass dieses Thema wichtig ist und wir alle verdrängen es sehr, sehr gerne, bis es uns mal wieder einholt.

Bei mir passierte das letzte Woche. Schon vor Monaten hatte ich mir vorgenommen, nach Jahren mal wieder einen HIV-Test zu machen. Fakt war, ich hatte ungeschützte sexuelle Kontakte. Fakt war und ist auch, ich möchte mit einer bestimmten Person ohne Kondom verkehren. Ergo: ein Test stand an. Schon vor einem Jahr hörte ich von der Möglichkeit, so einen Test beim Gesundheitsamt zu machen. Kostenlos und anonym. Dieses Angebot habe ich mir mal angesehen.

(Ich kann hier nur für mein Gesundheitsamt vor Ort sprechen, ich weiß nicht genau, wie unterschiedlich die Ämter dieses Angebot gestalten.)

Auf der Homepage des Amtes stieß ich auf die offene HIV-Sprechstunde, die zweimal im Monat stattfindet und machte mich am Dienstag auf den Weg. Ich war nervös, sehr nervös, wurde aber sehr freundlich empfangen. Im Gespräch klärten wir die potentiellen Krankheiten und erweiterten den HIV-Test noch um den Punkt Syphilis.

Rein technisch läuft es da so ab, dass man nur wenige Daten angeben muss. Die ersten 3 Zahlen der Postleitzahl, das Geburtsjahr, das Geschlecht. Man bekommt eine Nummer, einen Strichcode und man darf sich selber ein Codewort aussuchen, diese Infos finden sich auf dem Testbogen und einer kleinen Karte, die man einsteckt. Mit diesen drei Informationen kann man bei der Abholung das Ergebnis sicher zuordnen. Es wird weder der Name notiert noch eine Adresse, der Ausweis blieb in der Tasche. Im Nachhinein fand ich es seltsam, dass ich mich mit Menschen unterhalten habe, die noch nicht mal meinen Namen kannten.

Wir redeten über den Aufklärungsunterricht, über die Dinge, über die man einfach zu wenig gehört hat und vor allem über Oralsex. Das ist meine persönliche Gefahrenquelle, Oralsex mit Unbekannten im Club oder Kino. Ich wurde natürlich von Eltern und Lehrern aufgeklärt, allerdings ging es da nur um die Reproduktion. Über Lust, Leidenschaft, Ficken und Blasen wurde nie geredet und die Bravo… ja, gut. Doktor Sommer hat da durchaus etwas Arbeit geleistet, aber mein Eindruck ist, wenn man was zum Thema Krankheiten hört, geht es um Vaginalsex und ganz böse, Analsex. Und ja, die Gefahr ist größer, sich dabei anzustecken. Aber dennoch, nach der Blutabnahme, auf dem Weg nach Hause, arbeitete sich mein Hirn vor allem durch die Kinobesuche. Und wie gut ich das da einfach verdrängen konnte. Es ging mir elend.

Ich habe mich zwei, drei Freunden anvertraut, habe mich auffangen lassen, habe überlegt, was ich tue, wenn. Dabei war es nicht HIV, was ich fürchtete, sondern Syphilis. Man steckt sich damit viel schneller an, es reicht ein intensiver Kuss, eine offene Stelle im Mund, zack, fertig. Man kann infiziert und ansteckend sein, ohne dass man das selber mitbekommt. Gleichzeitig kann man hier, rechtzeitig behandelt, aber auch wieder vollkommen gesund werden, es reicht Penicillin.

Also. Was tun, wenn. Natürlich würde ich meinen Sexual- und Spielpartnern Bescheid geben. Und dann? Verschwinden. Aus Scham. Aus Angst vor Bloßstellung. Einfach aus… ich weiß nicht. Ich kam mir so dreckig vor, widerlich. Das kannst du doch keinem erzählen, hallo, ich hab Syphilis, wie geht’s dir so? Aber genau das ist das Problem, die Scham, das Schweigen. Wir müssen darüber reden. Müssen uns testen lassen, uns schützen und die Risiken kennen, die wir eingehen.

Freitag bekam ich das Ergebnis. Wir hatten einen Termin vereinbart, die Mappe lag schon auf dem Tisch. Ich wusste nach 20 Sekunden in dem Raum, dass alles ok war, ich habe mich höflich bedankt und mich verabschiedet. Der Zettel mit dem Ergebnis ist im Amt geblieben, ich habe die kleine Karte mit der Kopie der Nummer, des Codes und dem Codewort vernichtet. Damit kann mir dieses Blatt nicht mehr zugeordnet werden.

Was ich für mich daraus lerne: diese Angst ist schrecklich. Ich möchte nicht wissen, wie es sich anfühlt, wenn aus dieser Panik Gewissheit wird. Ich werde vorsichtiger sein, vielleicht doch lieber Spucken statt Schlucken, bzw die Frage “Wohin soll ich kommen?” nicht mit dem wartenden, offenen Mund beantworten. Es gibt da ja noch andere Stellen, die sich dafür eignen, nicht wahr? *squish squish*

Aber warum erzähle ich euch das? Und glaubt mir, dieser Beitrag hier ist nicht einfach. meine Gedanken kreisen noch immer um das Thema. Ich schäme mich dafür, dass ich mich hätte anstecken können. Ich weiß, das ist blödsinnig, aber das Gefühl ist einfach da.

Und ich möchte euch sagen: Passt auf. Lasst euch testen. Informiert euch. Seid ehrlich mit euch und anderen. Lasst euch nicht von Gefühlen der Scham leiten. Der Test ist schnell und einfach, keiner dort verurteilt euch für irgendwas. Im Gegenteil, sie sind froh, dass man sich mit diese Themen befasst und im Zweifelsfall nicht als unwissender STI-Rasensprenger durchs Leben vögelt.

Der Tipp der Expertin war übrigens, nach dem Oralsex mit klarem Alkohol nachzuspülen. Prost!

8 Gedanken zu „Let’s talk about STI“

  1. Ich war eine Zeit lang in der Aids-Hilfe aktiv und kenne die Testsituation auch aus eigenem Erleben. In Erinnerung ist mir noch “wenn schlucken, dann deep throat und mit sto gramm nachspülen”.

    Risikofrei ist Sex (mindestens) zu zweit niemals zu 100%.

    1. Deswegen geht mir mein eigenes “Ich hätte mich anstecken können” so auf den Keks. Natürlich. Und ich werde mich dieser Gefahr wieder aussetzen.

      1. …was hast du für eine andere Wahl. So, wie du es auslebst besteht die Gefahr immer. Aber was ist in der Welt schon gefahrlos. Nur jeder sollte sich der Gfahren bewußt sein und alle Angebote des Testens nutzen.

  2. Moinsen, Tara. Diese blöde Gefühl in der abwartenZeit kenne ich (aus anderem Grund). Sehr gut, ist es dann Menschen um sich zu haben, die einen dann auffangen. In meinem Fall ER
    Ich freue mich aus tiefsten <3, dass es gut für Dich ausging. (y) (y) :))

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