Schmerz macht mich glücklich

Der Kopf ist voller Gedanken, der Bauch voller Gefühl, Chaos im Halbdunkel, und wenn man nach konkreten Angriffspunkten sucht, um dieser ganzen Sache Herr zu werden, findet man im Scheinwerferlicht nur verwirrte Halbsätze als Antwort. Das ist anstrengend. Kräftezehrend. Ich brenne langsam aus.

Aber es kann so einfach sein.

Man nehme einen Rigger und etwas Seil. Einen Platz auf einer Decke, einen Safespace und etwas Zeit.

Gestern ging es nicht um Ruhe oder Tiefe, ich war nur oberflächlich in meinem Subspace unterwegs. Gestern habe ich viel Zeit darauf verwendet, den Schmerz irgendwohin zu atmen. Ich wollte Schmerz. Ich brauchte ihn, sehr dringend. Die innere Ruhe, die ich in ihm finde, die Geborgenheit, meine Balance. Mein Akkus waren leer.

Die Seile gruben sich tief, er legte sie einzeln, nicht wie sonst üblich in doppelter Lage. Wo sie nicht tief genug gingen, half ich nach. Spannte die Muskeln an und drückte mich selbst gegen das Seil. Winkelte die Beine an, zog so die Fesselung enger. Er griff in die Seile, drückte mich tiefer in die Fesselung. Zog mich in Positionen, in denen ich mich anspannen musste, um dagegen zu halten, bis auch diese Muskeln schmerzen. So erhöhten wir immer weiter die Schmerzintensität. Und unter Lachen, Maunzen und schwerem Atmen füllten sich die Akkus wieder.

Keine Ahnung, wie andere Masochisten das erleben, aber bei mir gibt es so ein Schmerzplateau vor dem Punkt, an dem es nicht mehr geht. Und da möchte ich meistens erstmal hin. Auf dem Weg dahin gibt es viele Stufen. Ich erlebe Schmerz A, ich gewöhne mich nach kurzer Zeit daran. Dann kommt Schmerz B dazu, ich brauche einen Moment, dann ist auch das ok. Und das geht weiter, bis da ein Moment voller Stille ist. Eine helle Weite, mit wundervollem Ausblick. Der Körper schmerzt, klar, aber davon abgesehen herrschen da oben Ruhe und Frieden. Ich lache an diesem Punkt oft, nicht aus Unsicherheit, sondern tatsächlich aus Glück und Genuss. Ich bin glücklich dort, mit diesem Menschen, in diesem Moment. Da knallen die Endorphine, wie eine Lehrerin von mir es mal ausdrückte. Bei mir knallte es spätestens bei der dünnen Latexschicht vor meinem Gesicht, mit der er mir kontrolliert die Luft nahm. Die tiefen Atemzüge danach sind für mich sowieso die absolut leisesten Momente in diesem Spiel. Alles im Körper konzentriert sich auf diesen Punkt, auf den Sauerstoff. Der Geist ist ansonsten ein sehr leeres Blatt Papier.

Der Weg bis an die Spitze ist dann das Sahnehäubchen. Es muss nicht sein, aber das Kratzen an der Grenze kann mit guter Laune schon sehr viel Spaß machen. Gestern musste ich ein, zwei mal Stopp sagen, weil es zu viel war. Aber auch das unter Lachen und Vergnügen.

Wie auch das Abfesseln. Wir redeten, nahmen ein paar Umwege, zogen manche Seile nochmal fester, bevor wir sie ganz lösten, und kamen so wieder bei uns an.

Ich bereue es heute, beim Abfesseln und danach nicht mehr Nähe gesucht zu haben. Der Drop ist tiefer, wenn Nähe fehlt. Aber gestern war ich einfach gehemmt. Wir haben auch darüber geredet. Das mit der freiwilligen und von meiner Seite aktiv gesuchten körperlichen Nähe war irgendwie schwierig für mich. Heute zahle ich dafür wie erwartet den Preis, aber das ist ok.

Dafür sitze ich erstmal sehr selig auf meinem Stapel voller gefüllter Akkus und freue mich auf das nächste Mal mit ihm =)

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