Es war Montag und ich war unterwegs zum Shibari. Ich war müde, angespannt, hoffte auf eine intensive Stunde in den Seilen und wollte gleichzeitig eigentlich nur nach Hause ins Bett.
Aber nein, nicht wieder einen Termin absagen, nicht wieder Andy und die anderen verpassen, nicht noch mehr Abstand zwischen mir und meiner Leidenschaft, die momentan einfach viel zu kurz kommt. Seit Tagen war da die Sorge, den Kontakt zu verlieren zu diesem Teil in mir. Es ist schwierig zu erklären, aber Leidenschaften können vergehen, wenn ich sie nicht regelmäßig füttere, können verdrängt werden von anderen und tauchen irgendwann viel später erst wieder auf. Das wollte ich nicht zulassen, nicht bei einer Sache wie dem Fesseln, das emotional so große Macht über mich haben, mit dem ich meine Gefühle modellieren kann. Also nein, keine Absage. Hingehen. Machen!
Es gibt diesen Moment zu Beginn des Treffens, in dem sich Gruppen bilden oder nicht, in dem sich für den Abend meist schon entscheidet, wer mit wem fesselt und diesmal blieb ich irgendwie… Übrig. Andy war verabredet, Twin hatte ihren Freund dabei, der Gedanke, als Übungsbunny für irgendwen Modell zu sitzen war an diesem Abend unmöglich, und so zog ich mich erstmal aus der fertigen Gruppe zurück und suchte einen Moment, um zu entscheiden, ob ich nicht einfach wieder nach Hause fahre, ich war so angespannt, so verzerrt, so unruhig, fühlte mich so unpassend in diesem Moment… Und lief einem Rigger des Clubs über den Weg, der auch noch nicht verplant war. Hm. Ich könnte. Hm. Einfach mal fragen. Machen.
Ich wusste bereits, wie er fesselt, es gab zuvor kurze Momente in seinen Händen. Er ist stürmisch, voller Energie, außer Atem, schmerzhaft, sehr, sehr schmerzhaft, gnadenlos verspielt. Wie mit einer Klinge sauber an meiner Schmerzgrenze entlang. Ein Sadist, liebevoll bösartig, virtuos im Umgang mit Seilen an empfindlichen Stellen. Und wenn der Körper sich endlich an die Seile an diesen Stellen gewöhnt hat, lehnt er sich mit ein wenig Gewicht darauf. Mal waren wir vertieft und schwiegen, mal redeten wir und lachten, selbst in den heftigsten Momenten hatten wir Spaß aneinander. Der Schmerz grub sich seinen Weg, ich brauchte etwas Zeit, aber nach und nach ließ ich mich tiefer und tiefer sinken. Die Wellen schlugen über mir zusammen, in einigen Momenten überrollte dieser Schmerz mich schlicht und ließ mich sprach- und atemlos zurück. Er schafft es wirklich, in kürzester Zeit an meine Grenzen zu gehen, und mich bis an den Punkt zu bringen, an dem ich meinen Schmerz einfach gerne rausschreien würde. Ich war sehr tief in meinem Raum, atmete, bewusst und gegen das Aufgeben, konnte mir die Momente nehmen, um mich an die immer tieferen Gefühle zu gewöhnen. Aber ich tauchte auch immer wieder auf, fühlte mich nie fallend oder entgleitend, der Körper pochte, der Herzschlag spürbar an jedem Seil, das Lächeln immer heller hinter dem manchmal verzerrten Gesicht. Und schließlich holte er mich zurück, an ihn gelehnt fühlte ich mich aufgefangen und konnte wieder ankommen.
Was für ein Trip! Perfekt für diesen Abend, für diese Situation, ich ging vollkommen erschöpft und mit einem breiten Grinsen aus dieser Erfahrung. Ich fühlte mich, als hätte dieser Mann den inneren Knoten in mir ans Licht gezerrt, mit einer großen Vorsicht dieses Chaos sortiert und am Ende alles zärtlich glattgestrichen. Ich nehme an, diesen Zustand nennt man Entspannung 😉 Wow <3