Man stirbt nicht mehr beim Schiffen, bloß weil ein blondes Weib sich dauernd kämmt

Ich stimmungsschwankte im Urlaub sehr. War unzufrieden. Mir fehlten Dinge, Gefühle, Erlebnisse. Ich interpretierte in manches zu viel und schätzte anderes zu gering, wissentlich und hoffnungslos, und habe zum Glück irgendwann verstanden, was das Problem war: der Sirenengesang.

Es gab in diesem Urlaub zwei Tage, an denen ich sehr kämpfen musste mit unserer Beziehung. Zwei Tage, an denen sich viel falsch anfühlte, an denen sich mein Kopf zwischendurch immer wieder mit Was Wäre Wenn’s überschlug, mich meine eigenen Bilder und Phantasien so überwältigten, dass ich mein Leben mit Twin anzuzweifeln begann. Möchte ich das so? Möchte ich nicht lieber all diese Möglichkeiten, all diese Wege und Abzweigungen, all die Dinge ausprobieren und ist in diesem Leben dann überhaupt Raum für uns? Für eine festere Verbindung, für eine angedachte Verlobung? Ist das ein Fehler? Mache ich da irgendwas komplett falsch? Verletze ich uns am Ende, nehme uns Möglichkeiten und Chancen? Ich brauchte Raum, brauchte die richtigen Gesprächspartner, musste verstehen, was da in mir abging und ja, ich verstand.

Ich war so weit weg in diesem Urlaub. Umgeben von Menschen, die so viel in mir auslösten, die Wünsche weckten, die ich schon weggeschlossen hatte oder noch nicht kannte. Darüber verlor ich ein Stück weit den Kontakt zu meiner tatsächlichen Realität, meinem Alltag. Weil. Eigentlich. Liebe ich meinen Alltag, mein Leben mit Twin. Wir haben uns in den letzten Jahren etwas so schönes aufgebaut, haben dafür viel gearbeitet und gekämpft. Haben dieses Jahr große Schritte getan und sind auf einem wunderschönen gemeinsamen Weg. Und so schön, so glücklich dieser Urlaub auch war, ich wollte nach Hause, wollte diese Liebe und Zufriedenheit fühlen und nicht nur sicher wissen. Ich saß neben Twin, weinte und erklärte ihr, dass ich all das so zu schätzen wusste, dass ich nur jetzt und hier zu weit weg war von all dem. Das hier, in diesem Wunderland der Möglichkeiten alles andere so viel näher, bunter, lauter war. Dass ich aber vor allem eines wollte: unser gemeinsames Leben.

Mit dieser Erkenntnis und diesem Gespräch kehrte wieder Ruhe ein, ich konnte wieder klar denken. Konnte formulieren, was in mir abging. Dass es da Dinge gibt, nach denen ich mich sehnte. Gefühle, die ich gerne nochmal hätte, die ich aber nicht bei Twin finden konnte. Und dass es ihr nicht anders ging. Wir beide möchten mehr als nur uns, ohne den anderen dabei zu verletzen. Wir möchten mehr sein als die Summe unserer Teile.

Mit etwas Abstand wirkt das ganze Gefühlschaos so banal, und ich schäme mich fast dafür. Ich glaube, dass diese heftigen Emotionsverwerfungen etwas mit meinem Boderline-Anteil zu tun haben, aber ich weiß es nicht genau. Ich bin nur dankbar dafür, eine verständnisvolle Partnerin zu haben, die mich nach solchen Momenten auffängt ❤️ Fürs nächste Mal bin ich hoffentlich besser gewappnet, auch dafür ist dieser Text hier gedacht. Als Reminder, wenn die Sirenen mich wieder erwischt haben.

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