3110 zum Ersten, oder: Das Hack muss weg.

Endlich normale Menschen!

Man sollte meinen es fiele mir leicht, von einer Woche Kink-Urlaub zu berichten. Eine Woche Zeit und Raum für jede Menge Spaß, da passiert viel, wovon man berichten und erzählen kann.Aber es fällt mir dennoch schwer, den eigentlichen Kern begreiflich zu machen und zu beschreiben. Zum einen ist das keine öffentliche Veranstaltung und ich möchte diesen Safe Space für alle Teilnehmer bewahren, zum anderen sind die großen, bemerkenswerten Momente meist auch sehr emotionale, persönliche Fortschritte. Aber ich möchte dieses Jahr zumindest einen kleinen Einblick gewähren, nachdem ich mich letztes Jahr darum gedrückt habe.

Man nehme an die 30 Kinkster, ein Haus im Nirgendwo, einiges an Orga-Arbeit und Planung, und man erhält eine Woche Safe Space, Abschalten, Zeit für sich. Wir werfen aus unterschiedlichen Richtungen zusammen in Sachen Ausrüstung und Spielzeug, reisen vollgepackt bis zum Autohimmel an, und schaffen uns so unseren Raum, in dem neben den Sofas im Wohnzimmer eben auch Käfige, große Hundekörbchen und Fesselgestelle stehen. Es gibt wenige feste Termine, dafür viel Freiraum zum was auch immer tun, wir sind im Urlaub. Kinkstuff machen. Lesen. Assassins Creed zocken. Sporteln. Backen. Shibari. Fotografieren. Richtig schlechte Filme gucken. Es gibt nächtliche Küchenpartys und irgendwie immer leckeren veganen Kuchen in der Küche, Brettspielrunden, spontanes Quälen, Pen & Paper-Runden, so viele schöne, gute, lehrreiche, herzliche Gespräche und Plüschhaufen. Das magische an diesem Urlaub ist für mich das Umfeld, die Gruppe, der Safe Space. Wir teilen Spielzeug und Wissen, lernen neues kennen und machen Erfahrungen, an die wir vielleicht vorher noch nie dachten.

Wir hatten schöne, intime Spielsessions, zu zweit, zu dritt, mal auf einem Sofa in einem Partykeller, aktiv, passiv, mit und ohne Strom und britzelnden Küssen, mal auf einer Party in der Abgeschiedenheit der in diesem Moment unbeobachteten Bühne, neben dem Lautsprecher zu dunkler Musik unter einem Lichterreif in traumhafter Beleuchtung. Es gab Krisen und Auffangspielen, Tränen, Umarmungen, Erkenntnisse und Fortschritte. Und für eine von uns den geilsten Lapdance aller Zeiten.

Letztes Jahr hat mir diese Zeit vor allem Selbstvertrauen geschenkt. Ich war so verunsichert, fühlte mich klein, ungenügend, so unscheinbar neben den Kinkstern, die auf der Gästeliste standen. Und dann war da dieses wertschätzende, liebevolle, neugierige Umfeld. Darauf freute ich mich dieses Jahr so sehr ❤️
Mein persönliches Thema in dieser Woche war im Nachhinein betrachtet unser Polykül, das in diesem Jahr einige Höhen und Tiefen erlebt hat. Ich lerne noch immer, und da hat diese gemeinsame Woche sehr geholfen, darauf zu vertrauen, dass ich mich dort wohl fühlen darf, dass “meine” Menschen diesen Weg mit mir gehen wollen, und ich niemanden in ein emotionales Konstrukt zwinge, in eine Beziehung mit einem Metamour “nötige”. (Ihr versteht, wenn ich sage es ist nicht so einfach, solche inneren Lernprozesse hier in Worte zu fassen…). Zwischen meinen Partner_innen, die beide mit Sorge und vermutlich auch ein wenig Angst mit mir in diesen Urlaub gefahren sind, entstand im Laufe dieser Woche endgültig eine Verbindung. Es brauchte ein gemeinsames mich Auffangen, als sich all die Spannungen, die sich in den letzten Monaten unter meiner Oberfläche gesammelt hatten, lösten und ich Rotz und Wasser heulend zwischen ihnen saß. Ich kann nur von meiner Wahrnehmung berichten, aber es fühlte sich so an, als würden manche Teile unseres gemeinsamen Fundaments endlich in die richtige Position rutschen. Ja, wir wollen das, alle drei, gemeinsam.

Die Rückkehr in die Realität war dieses Jahr nicht ganz so hart. Letztes Jahr zog es uns völlig den Boden unter den Füßen weg. Wir hatten uns diesmal vorbereitet, haben die Woche danach gemeinsam als Polykül verbracht, haben die Balance gefunden zwischen beschäftigt sein, füreinander da sein und nach einer Woche unter so vielen Menschen auch Ruhe zu finden.

Liebe Menschen, die ihr mit in diesem Urlaub wart: danke euch für diese Zeit, für die Gespräche, die Nähe, die Wärme, das Spielen, das Teilhaben lassen und euer dabei sein. Ich freue mich auf das nächste Mal ❤️

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