Risiken und Nebenwirkungen

Manchmal wünschte ich, es gäbe Beipackzettel für Menschen. Das wäre so praktisch! Und ich käme mir, bei dem Bedürfnis, mich selbst mit so einem Zettel zu versehen, viel weniger freakig vor.

Mir ist klar, dass dieses Bedürfnis meiner eigenen Unsicherheit entspringt, aber das ändert nichts dran. Ich möchte mich entschuldigen. Vorsorglich. Für alles mögliche. Ständig.

Das ist anstrengend. Und unsinnig. Weil es ja nichts ändert, ich werde dadurch zum Beispiel nicht dünner oder schwitze weniger. Ich zeige dadurch nur eine Seite an mir, die mich noch mehr ärgert. Eben diese Unsicherheit, die einfach nicht angebracht ist und mich meiner Souveränität beraubt, die ich doch gerne vermitteln würde.

Und so drehe ich mich im Kreis. Und werde mir mal wieder bewusst, wie sehr ich Batman und meinen Herrn schätze. Menschen, die mir Ruhe schenken. Die sich für mich entschieden haben, mir das irgendwie glaubhaft vermittelt haben und damit jede Hürde, jeden Gedanken an “Ich wünschte, er würde mich berühren, aber dann würde er ja spüren, dass ich schwitze“ einfach negieren. Ich kann sein. Ohne Wenn und Aber. Und das ist so unheimlich schön <3

Die erste Nacht

Die ersten Erfahrungen sammelte ich mit meinem ersten Freund, dann mit meinem Mann. Und dann war da der erste, den ich Herr nannte. Eine Internet-Bekanntschaft, die zu einigen Nächten im Hotel führte.

Ich war 19, er irgendwo über der 40. Wir lernten uns über unsere Blogs kennen, schrieben Mails und es klickte. Nach einigen Monaten buchte er sich übers Wochenende ein Hotelzimmer und dann stand ich da vor dem Eingang – zitternd, schüchtern, ängstlich.

Ich erinnere mich nicht an viel, ich war zu diesem Zeitpunkt in einer familiären Krise, eigentlich war dieser Termin höchst unpassend. Ich hatte über Wochen zu wenig geschlafen, gegessen, gelebt, die Erinnerung an diese Zeit ist eher brüchig. Aber an die erste Umarmung, den ersten Kuss erinnere ich mich. Und an diese Nacht.

Wir hatten leicht angefangen, ein wenig Schmerz, ein wenig Sex. Wir blieben weit unter jeder Grenze, wie es sich für den Anfang gehört. Aber da war ein Thema.

Seine Spezialität war die Peitsche und ich wollte sie kennenlernen.

Ich lag auf dem Bauch, die Hände unter dem Oberkörper, den Kopf nach vorne gebeugt und ertrug. Ich genoss jeden Schlag auf meinen Rücken und als wir die Grenze ankratzten, genoss ich jede Träne. Er kam meiner Bitte nach, erst aufzuhören, wenn ich wirklich nicht mehr kann.

Aus heutiger Sicht war das dumm, ich würde es niemanden im Spiel mit einem eigentlich Unbekannten empfehlen. Aber für mich damals war es genau richtig.

Diese Nacht hat Spuren hinterlassen. Sie hat mir gezeigt, wie heilsam Schmerz sein kann, welche Zufriedenheit er hinterlässt. Und wie wundervoll der Tanz an dieser Grenze sein kann, wie herausfordernd und spannend.

Die Jugend von heute

Ich bin spätstudierende, das heißt, meine Kommilitonen sind bis zu 10 Jahre jünger. Das ist häufiger mal traurig (Ernsthaft, lest Herr der Ringe! Und Harry Potter! ORRRR!), manchmal ist es aber auch erstaunlich. In der letzten Zeit gab es mehrere Momente, die mich etwas verblüfft haben.

Zum einen eine gute Freundin, nah an der 20, noch sehr unerfahren. Jetzt hat sie ihren ersten Freund und stellt Fragen, die ich gerne beantworte (Gibt’s eigentlich noch Dr. Sommer? Man merkt im Nachhinein, wie dankbar man für diese ganzen auch dämlichen Fragen und Antworten ist =D ). Dabei erzähle ich auch von dem, was ich jetzt tue, zum Beispiel von den Besuchen im Kino. Und ihre Reaktion war ein “Ist ja cool!”. Hätte man mir in diesem Alter von Besuchen in Pornokinos erzählt… naja. Ich war schon weniger verklemmt als meine Umgebung, aber ich glaube, ich hätte anders reagiert. Das hat mich sehr erstaunt.

Meine Clique weiß über mein Ehemann-Herr-Verhältnis Bescheid und gerade an diesem Samstag (Ich hatte Damenbesuch zwecks Lernen, der Herr war im Krankenhaus) war ich gedanklich mehr bei ihm als am Laptop und habe das den Mädels auch ehrlich gesagt. Und irgendwann kam von einer, auch noch sehr jung und ohne Freund, die Bemerkung, dass sie diese Art der offenen Beziehung, in der man einfach ehrlich sein kann, sehr gut findet. Ich denke nicht, dass sie das auf sich bezogen hat, aber ich finde diese Einstellung einfach gut, die Toleranz für diese Idee.

Ich bin auch auf Ablehnung gestoßen, damals, in meinen beginnenden Zwanzigern, in meiner gleichaltrigen Clique. Die härteste Reaktion war ein “Wenn ihr meint so sein zu müssen, darf ich euch auch dafür angreifen”. Das war schwierig und hässlich.

Heute fühle ich mich einfach wohl. Ich darf sein. Manchmal gibt es Ängste, ich studiere, lande vielleicht mal in einer Führungsposition. Was, wenn man dann Spuren im Netz findet? Mich erkennt? Die Gesellschaft mag “sowas” nicht.

Fakt ist aber, und das wurde mir gestern auch im Gespräch mit Nina mal wieder bewusst, dass wir die Gesellschaft und ihre Sichtweisen nur ändern können, wenn wir das Bild betreten und uns sichtbar machen. Wir sind Teil dieser Gesellschaft, wir anderen. Ob nun offene Beziehung, BDSM oder Transsexualität, wir sind Minoritäten, aber deswegen fallen wir nicht vom Rand. Wir sind da und wollen sein.

Schizophrenie

Eine Erweiterung zu Ohne Filter

Ich finde mich nicht schön. Im Gegenteil. Das heißt nicht, dass ich nicht gut bin, weniger wert, was weiß ich. Das heißt nur: Ich bin mit mir unzufrieden und ich werde hoffentlich die Motivation und die Zeit finden, mich zu ändern.

Ob ich nun zu dick oder zu dünn bin, ich bin kein Fan von Bodyshaming und möchte mich auch nicht wegen äußerer Einflüsse verändern. Ich bin einfach genervt, krank, habe Schmerzen. Ich bin 30 und wenn ich zum Arzt gehen würde, würde vermutlich eine Knie-OP anstehen. Ich habe beginnende Diabetes. Und ich vermute mal, der elterliche Bluthochdruck wird auch irgendwann anklopfen. Und das _nervt_ mich. Ich blicke in den Spiegel und sehe all das zusätzlich zu meiner körperlichen Ästhetik, die mir persönlich nicht gefällt. Das macht keinen Spaß.

Vielleicht habe ich deswegen ein Problem mit Menschen, die mich schön finden, sexy, erregend. Ich finde das gruselig. Ich akzeptiere mittlerweile, dass es so ist. Aber ich bin absolut kein Fan der BBW-Szene. Klar, auch in anderen Szenen ist frau zum Beispiel auf Fotos ein Objekt der Begierde, dass in diesem Moment ganz bestimmte Merkmale erfüllt, vielleicht mit großen Brüsten oder roten Haaren ausgestattet ist. Aber ich möchte nicht speziell für etwas, dass ich an mir nicht mag, als Projektionsfläche herhalten.

Dennoch mag ich mich, insgesamt. Ich mag meine Brüste, meine Lippen. Mag mich im Kino nackt vor einen Mann (vorsichtig 🙂 ) knien und die Erregung der anderen sehen, wenn ich seinen Schwanz tief in meinem Mund nehme. Aber das kann ich auch mit ein paar Kilos weniger um den Bauch.

Status Quo: Stille

Lang war es hier still, und das wird vermutlich noch ein wenig andauern.

Ich bin umgezogen, Anfang April. In den Semesterferien liefen die Vorbereitungen, aber der eigentliche Umzug, das Packen, Putzen, eigentliche Umziehen geschah erst während der Vorlesungszeit.

In der Woche vor dem eigentlichen Umzug habe ich mir irgendwas im Knie… Gerissen, angerissen, ich weiß es bis heute nicht. Auf jeden Fall mussten über Kleinanzeigen Krücken besorgt werden und ich war die nächsten Wochen humpelnd unterwegs. Seit drei Wochen geht es ohne Krücken, aber Treppen hoch oder runter komme ich nur langsam und tappsig. Das wird auch noch Monate dauern.  Ohne meine Freunde hätte das alles nicht funktioniert, sie waren es, die meinen Umzug gewuppt haben. Schleppen, Aufbauen, mich nicht mal längere Zeit stehen konnte ich. Dafür bin ich sehr dankbar <3

Dieses Semester ist extrem anstrengend, der Stundenplan voll. Neben dem Uni-Alltag ballen sich im Mai auch noch 2 Messen und eine einwöchige Exkursion. Ich liebe mein Studium, aber es ist einfach sehr heftig. Dieses Wochenende habe ich klar ausgesprochen, was eigentlich schon klar war: ich werde ein Semester dran hängen. Das nimmt mir gerade etwas Druck, und ich werde zumindest eine meiner 8 Prüfungen dieses Semester schieben.

Das alles hat mich seelisch sehr viel gekostet. Ich bin mitten in Depression und Borderline gestürzt und kämpfe mich da raus, aber das dauert seine Zeit. Zum Glück habe ich neben meinen Freunden auch noch meinen sehr verständnisvollen Herrn. Er musste auf Hausaufgaben verzichten, auf Zeit mit mir. Dafür hatten wir vor Kurzem eine wundervolle Secret Night und werden uns demnächst häufiger sehen, worauf ich mich schon sehr freue <3

Wenn ich nicht gerade seelisch abstürze geht es mir eigentlich gut. Die eigene Wohnung, in der ich mich wohlfühle. Das Studium, mit dem ich sehr glücklich bin. Freunde, die zu mir stehen. Mein Herr, der mir entgegenkommt. Mir ist vollkommen klar, dass der emotionale dunkle Schleier über all dem an einer Krankheit liegt, mein Kopf mir diese eigentlich tollen Aussichten trübt und verzerrt. Leider ändert das nichts an meinen Gefühlen in diesen Momenten. Aber es wird besser. Man braucht nur Geduld.